Die niederl‰ndische Bevˆlkerung ist durch ein sehr engmaschiges soziales Netz abgesichert. Eine wichtige Errungenschaft, die von allen sehr gesch‰tzt wird. In den letzten Jahren wurde das Sozialsystem grundlegend reformiert, unter anderem um die Kontrollmˆglichkeiten zu erweitern, den krankheitsbedingten Arbeitsausfall zu reduzieren und die Besch‰ftigung zu fˆrdern.
Alle Niederl‰nder sollen gleichermaflen die Mˆglichkeit haben, am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. Bestimmte Bevˆlkerungsgruppen (‰ltere Menschen, Kinder und Jugendliche, ethnische Minderheiten, S¸chtige) bed¸rfen dabei der Unterst¸tzung. Dieser Gedanke ist die Grundlage f¸r die Gemeinwohlpolitik, die ¸berwiegend Aufgabe der Gemeinden ist. Ein Ziel ist es, die Wohnviertel zu vitalen Lebensgemeinschaften zu entwickeln, denen sich alle Bewohner zugehˆrig f¸hlen.
Die Ver‰nderungen in der Gesellschaft erfordern eine st‰ndige Anpassung der Gemeinwohlpolitik. In den Niederlanden ist eine zunehmende Vergreisung zu beobachten. In zehn Jahren werden etwa 28 % der Gesamtbevˆlkerung 55 Jahre und ‰lter sein. Zurzeit ist fast die H‰lfte der 55- bis 65-J‰hrigen nicht erwerbst‰tig. Aus sozialen und wirtschaftlichen Gr¸nden will der Staat die Teilnahme ‰lterer Menschen am Arbeitsprozess fˆrdern. Auch die Jugendarbeitslosigkeit ist ein grofles Problem, das durch die Bereitstellung zus‰tzlicher Finanzmittel und die Schaffung kombinierter Ausbildungs- und Arbeitspl‰tze gelˆst werden soll. Gemeinwohlpolitik ist aber noch viel mehr: Mit der Unterst¸tzung der Gemeinden bei der Schaffung zus‰tzlicher Betreuungspl‰tze f¸r Kinder soll der R¸ckstand, den die Niederlande gegen¸ber den Nachbarl‰ndern auf diesem Gebiet haben, aufgeholt werden. Eltern, die mit der Erziehung ihres Kindes nicht allein fertig werden oder Defizite bei ihrem Kind beobachten, kˆnnen sich in Erziehungsfragen unterst¸tzen lassen. F¸r Langzeitarbeitslose gibt es verschiedene Hilfsangebote, die von der Schuldnerberatung bis zur Hilfe bei psychischen Problemen reichen. Mitte 2001 ist ein Gesetz ¸ber die Gleichbehandlung von Behinderten in Kraft getreten, mit dem sie als vollwertiger Teil der Gesellschaft anerkannt und gegen Diskriminierung gesch¸tzt werden.
Etwa 9,4 % der Einwohner der Niederlande gehˆren ethnischen Minderheiten an. Sie stammen aus den ¸berseeischen Gebieten des Kˆnigreichs - also von den Antillen und Aruba -, aus Surinam, Marokko oder der T¸rkei, andere sind als Gastarbeiter oder Asylsuchende in die Niederlande gekommen. Von 1971 bis 1997 ist ihre Zahl von 200 000 auf ca. 1,5 Millionen gestiegen. Ihre Integration ist ein m¸hsamer Prozess. So ist zum Beispiel die Arbeitslosigkeit unter T¸rken und Marokkanern f¸nfmal so hoch wie bei der niederl‰ndischst‰mmigen Bevˆlkerung. Die Regierung will die Lage dieser Gruppen verbessern, indem sie zus‰tzliche Ausbildungsmˆglichkeiten und Anreize f¸r Arbeitgeber schafft, Angehˆrige ethnischer Minderheiten einzustellen. 1998 wurde eine Taskforce Minderheiten und Arbeitsmarkt gegr¸ndet, die aus Spitzenvertretern der Wirtschaft, der Gewerkschaften und der Regierung besteht. Neuzuwanderer m¸ssen schon bald nach ihrer Ankunft einen Integrationskurs absolvieren, der sie mit der niederl‰ndischen Sprache und den Grundz¸gen der Gesellschaft vertraut macht. Auflerdem werden sie, wenn nˆtig, bei der Suche nach einem Arbeitsplatz unterst¸tzt.
Es gibt zwei Arten von Sozialversicherungen: Volksversicherungen
und Arbeitnehmerversicherungen. Die Arbeitnehmerversicherungen
gelten f¸r alle unselbstst‰ndig Besch‰ftigten, die
Volksversicherungen f¸r alle in den Niederlanden wohnhaften
Personen sowie f¸r Personen, die zwar im Ausland wohnen, aber
in den Niederlanden arbeiten und lohnsteuerpflichtig sind. Wer im
Ausland lebt und arbeitet, kann die Versicherung freiwillig
fortsetzen. Tr‰ger der im Folgenden beschriebenen
Volksversicherungen ist die Sozialversicherungsbank. Sie verwaltet
die Versicherungsfonds und steht unter der Aufsicht des
Sozialministeriums.
Nach dem Allgemeinen Altersrentengesetz (AOW) hat jede Person mit
Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf eine Altersrente. Um
die volle Rente beziehen zu kˆnnen, muss sie 50
Versicherungsjahre - vom 15. bis zum 65. Lebensjahr - aufgebaut
haben. F¸r jedes Jahr, in dem sie keine Beitr‰ge gezahlt
hat, wird die Rente um 2 % gek¸rzt. 80 % der AOW-Berechtigten
haben auflerdem eine private Zusatzrentenversicherung
abgeschlossen.
Das Allgemeine Hinterbliebenengesetz (ANW) regelt die
Rentenanspr¸che von Witwen und Witwern, hinterbliebenen
Lebenspartnern, Waisen und Halbwaisen. Ein Anspruch besteht nur,
wenn der Hinterbliebene vor dem 1. Januar 1950 geboren ist oder zu
mindestens 45 % erwerbsunf‰hig ist oder ein unverheiratetes
Kind unter 18 Jahren hat. Die Hˆhe der Leistungen richtet sich
nach dem Einkommen. Das Allgemeine Kindergeldgesetz (AKW) soll
diejenigen finanziell unterst¸tzen, die ein Kind unter 18
Jahren versorgen oder unterhalten. Die Versicherung nach dem
Allgemeinen Gesetz Besondere Krankheitskosten (AWBZ)
schliefllich deckt Kosten f¸r medizinische Leistungen, die
nicht von der Krankenkasse oder der privaten Krankenversicherung
¸bernommen werden.
Die Arbeitnehmerversicherungen gelten f¸r alle unselbstst‰ndig Besch‰ftigten. Geregelt sind sie im Krankengeldgesetz (ZW), im Gesetz ¸ber die Arbeitslosenversicherung (WW), im Gesetz ¸ber die gesetzliche Krankenversicherung (ZFW) und im Gesetz ¸ber die Erwerbsunf‰higkeitsversicherung (WAO).
Ziel des Krankengeldgesetzes ist es, Arbeitnehmer gegen die finanziellen Risiken einer Erwerbsunf‰higkeit durch Krankheit abzusichern. Seit dem 1. M‰rz 1996 sind die Arbeitgeber gesetzlich verpflichtet, einem Arbeitnehmer im Krankheitsfall w‰hrend des ersten Jahres 70 % des Lohns auszuzahlen. Auch ein hˆherer Prozentsatz ist mˆglich, wenn dies im Tarifvertrag vereinbart wurde. Auf jeden Fall muss aber der f¸r den Arbeitnehmer geltende Mindestlohn gezahlt werden. Die ersten beiden Krankheitstage gehen unter Umst‰nden zu Lasten des Arbeitnehmers, wenn dies im Arbeitsvertrag, in der Betriebsordnung oder im Tarifvertrag festgelegt ist.In den meisten F‰llen erhalten kranke Arbeitnehmer im ersten Jahr 100 % ihres Lohnes.
Krankengeld kann auch gezahlt werden bei Krankheit infolge einer Schwangerschaft, Niederkunft oder Organspende. Der Schwangerschaftsurlaub betr‰gt in den Niederlanden mindestens 16 Wochen und beginnt sechs bis vier Wochen vor dem errechneten Geburtstermin. F¸r diese Zeit hat die Arbeitnehmerin Anspruch auf den vollen Lohn.
Die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Lohnfortzahlung besteht nur gegen¸ber denjenigen Personen, die bei ihm angestellt sind. Aber auch Personen, die keinen Arbeitgeber (mehr) haben, sind in vielen F‰llen durch das Krankengeldgesetz abgesichert; gemeint sind hier zum Beispiel Zeitarbeitskr‰fte oder Arbeitnehmer, die w‰hrend des ersten Krankheitsjahres ihren Arbeitsplatz verlieren. Auflerdem ist das Krankengeldgesetz ein ÑAuffangnetzì f¸r diejenigen, die zwar keinen Arbeitsvertrag haben, deren T‰tigkeit aber dennoch als unselbstst‰ndige Besch‰ftigung gilt, zum Beispiel Heimarbeiter und Praktikanten.
Das Gesetz ¸ber die Arbeitslosenversicherung (WW) sichert nichtselbstst‰ndig Besch‰ftigte unter 65 Jahren gegen die finanziellen Risiken der Arbeitslosigkeit ab. Um Anspruch auf eine WW-Leistung zu haben, muss der Betreffende w‰hrend der 39 Wochen unmittelbar vor der Arbeitslosigkeit mindestens 26 Wochen lang als Arbeitnehmer gearbeitet haben. Wer lediglich diese Voraussetzung erf¸llt, erh‰lt ein halbes Jahr lang Leistungen in Hˆhe von 70 % des Mindestlohns. Hat der Betreffende in den f¸nf Kalenderjahren vor dem Beginn der Arbeitslosigkeit mindestens vier Jahre lang Lohn erhalten, so bemessen sich die WW-Leistungen nach diesem Lohn. Die Dauer dieser lohnabh‰ngigen Leistungen variiert von einem halben Jahr bis zu f¸nf Jahren, je nachdem, wie lange der Betreffende zuvor gearbeitet hat. Wer nach Auslaufen der lohnabh‰ngigen WW-Leistungen immer noch keine neue Stelle gefunden hat, hat zwei Jahre lang Anspruch auf eine WW-Anschlussleistung in Hˆhe von 70 % des Mindestlohns. Ist der Betroffene bei Eintritt der Arbeitslosigkeit 57 Jahre oder ‰lter, bleibt der Anspruch auf die Anschlussleistung bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres bestehen.
Das Gesetz ¸ber die gesetzliche Krankenversicherung (ZFW) regelt den Anspruch auf station‰re Behandlung im Krankenhaus, auf medizinische und nicht‰rztliche heilkundliche und zum Teil auch auf zahnmedizinische Behandlung. Tr‰ger sind die Krankenkassen. Auch Hilfsmittel, Medikamente, Verbandzeug und Rehabilitationsmaflnahmen sind im ZFW-Leistungspaket enthalten. Gesetzlich krankenversichert sind die meisten Sozialleistungsempf‰nger und Arbeitnehmer, deren regul‰res Einkommen einen bestimmten Betrag nicht ¸bersteigt.
Ziel des Gesetzes ¸ber die Erwerbsunf‰higkeitsversicherung (WAO) ist es, Menschen, die krank oder erwerbsunf‰hig sind, mˆglichst rasch (wieder) eine Arbeit zu verschaffen und nichtselbstst‰ndig Besch‰ftigte unter 65 Jahren vor den finanziellen Risiken einer dauerhaften Erwerbsunf‰higkeit zu sch¸tzen. Diesbez¸glich trat am 1. Januar 1998 eine Gesetzes‰nderung in Kraft. Anspruch auf WAO-Leistungen hat, wer nach einer Karenzzeit von 52 Wochen zu mindestens 15 % nicht mehr f‰hig ist, eine zumutbare Arbeit zu verrichten. Die Karenzzeit entspricht der Hˆchstdauer des Anspruchs auf Lohnfortzahlung oder Krankengeld. Eine WAO-Leistung wird f¸r f¸nf Jahre gew‰hrt. Sp‰testens drei Monate vor Ablauf dieses Zeitraums muss die Leistung erneut beantragt werden. Die Hˆhe der Leistung bemisst sich nach dem Grad der Erwerbsunf‰higkeit, dem Alter sowie dem Lohn des Versicherten. Es gibt sieben Erwerbsunf‰higkeitsklassen (von 15 % bis 80 %), an die jeweils ein Leistungssatz (von 14 % bis 70 %) gekoppelt ist. Auch bei WAO-Leistungen sind zwei Phasen zu unterscheiden: eine Lohnersatzleistung (hˆchstens 6 Jahre) und eine Anschlussleistung.
Seit 1998 fallen auch Beamte unter das WAO. Zum gleichen Zeitpunkt wurden f¸r Selbstst‰ndige und junge Behinderte gesonderte Erwerbsunf‰higkeitsversicherungen eingef¸hrt (WAZ bzw. Wajong). Das WAZ gilt unter anderem f¸r Selbstst‰ndige, mithelfende Ehegatten und Partner und freie Berufe. Die Hˆhe der Leistung h‰ngt auch hier vom Grad der Erwerbsunf‰higkeit sowie vom entgangenen Einkommen in dem Jahr vor Eintritt der Erwerbsunf‰higkeit ab. Da Selbstst‰ndige h‰ufig unregelm‰flige Eink¸nfte haben, darf vom Durchschnittseinkommen der letzten f¸nf Jahre ausgegangen werden, wenn dies f¸r den Betroffenen g¸nstiger ist. Die Versicherung nach dem WAZ ist eine Pflichtversicherung. Die Hˆhe der Leistungen betr‰gt maximal 70 % des Mindestlohns. Auch Schwangere haben im Zusammenhang mit der Niederkunft nach dem WAZ 16 Wochen lang Anspruch auf Leistungen bis zu 100 % des Mindestlohns.
Das Wajong regelt die Mindestleistungen f¸r junge Behinderte, d.h. f¸r Personen, die am Tag der Vollendung des 17. Lebensjahres erwerbsunf‰hig sind oder nach diesem Tag erwerbsunf‰hig werden und im Vorjahr mindestens sechs Monate lang in der Ausbildung waren.
Dar¸ber hinaus gibt es Sozialgesetze, aufgrund deren ein unzureichendes Einkommen auf das f¸r den Betroffenen geltende Minimum aufgestockt wird. Hierf¸r sind in der Regel die Gemeinden zust‰ndig. Das wichtigste Gesetz auf diesem Gebiet ist das Allgemeine Sozialhilfegesetz (ABW). Anspruch auf Sozialhilfe haben Personen, die kein oder ein zu geringes Einkommen zur Sicherung ihrer Existenz haben. Eink¸nfte wie Unterhaltsbeitr‰ge u.ƒ. werden auf die Sozialhilfe angerechnet. Auch f¸r die Umsetzung des Gesetzes ¸ber Regelungen f¸r Behinderte (WVG) sind die Gemeinden zust‰ndig. Es regelt die Bereitstellung von Transportmitteln, Rollst¸hlen und angemessenen Wohneinrichtungen f¸r alte und behinderte Menschen. Der Grundgedanke des Gesetzes ist, dass alte und behinderte Menschen in die Lage versetzt werden sollen, so lange wie mˆglich ein eigenst‰ndiges Leben zu f¸hren.
Dar¸ber hinaus gibt es seit kurzem Regelungen, die die Eingliederung Behinderter und Langzeitarbeitsloser in den Arbeitsmarkt fˆrdern sollen, etwa das Gesetz ¸ber die (Wieder-) Eingliederung Behinderter, das f¸r Arbeitgeber, die Behinderte einstellen, die finanziellen Risiken minimiert und ihnen eventuelle zus‰tzliche Kosten f¸r Anpassungen des Arbeitsplatzes u.ƒ.erstattet. F¸r Arbeit Suchende mit einer Behinderung werden mit dem Gesetz Mˆglichkeiten geschaffen, ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu vergrˆflern. Ein weiteres Beispiel ist das Gesetz ¸ber die Eingliederung Arbeit Suchender (WIW), das darauf abzielt, Langzeitarbeitslosen mit oder ohne Behinderung, Empf‰ngern von Sozialleistungen und Arbeitslosen unter 23 schneller wieder zu einem Arbeitsplatz zu verhelfen. Aufgrund des WIW kˆnnen spezielle Arbeitsvertr‰ge, Praktikumspl‰tze und verschiedene Kurse angeboten werden, um die Chancen eines Arbeit Suchenden auf dem Markt zu verbessern. F¸r allein Erziehende bietet das Gesetz dar¸ber hinaus die Mˆglichkeit der ganzt‰gigen bzw. nachschulischen Betreuung von Kindern bis zu 12 Jahren.
Alle Einwohner sind krankenversichert. Die positive Wirtschaftslage in den Niederlanden schl‰gt sich auch im Gesundheitswesen nieder. Der Staat stellt immer mehr Geld daf¸r zur Verf¸gung. Gesellschaftliche und medizinische Entwicklungen erfordern allerdings immer neue Anpassungen. Zum Teil m¸ssen Patienten zu lange auf die medizinischen Leistungen warten, die sie benˆtigen. Zwar haben die Niederl‰nder im Durchschnitt eine hohe Lebenserwartung (74,6 Jahre bei M‰nnern und 80,3 Jahre bei Frauen), aber Angehˆrige der unteren sozialen Schichten erreichen dieses Durchschnittsalter nicht. Diesen Schichten gilt daher die besondere Aufmerksamkeit in der Gesundheitspolitik.
Wichtige Aspekte der Gesundheitspolitik sind die Pr‰vention
und die Fr¸herkennung von Gesundheitsproblemen und
Krankheiten. Ziel der Pr‰vention ist es, die Lebenszeit, in
der die Menschen gesund sind, zu verl‰ngern, fr¸hzeitige
Sterblichkeit zu verhindern und die Lebensqualit‰t von kranken
oder behinderten Menschen zu verbessern. Dazu werden u.a.
Impfprogramme f¸r Kinder bis zu vier Jahren durchgef¸hrt.
Im Allgemeinen ist der Hausarzt die erste Anlaufstelle. Die
Gemeinden sind - im Rahmen ihrer Verantwortung f¸r die
kollektive Pr‰vention und die lokale ˆffentliche
Gesundheitsf¸rsorge - f¸r die Bek‰mpfung von
Infektionskrankheiten zust‰ndig.
Auf dem Gebiet der Sicherheit von Lebensmitteln und
Verbraucherprodukten gelten die Richtlinien der Europ‰ischen
Union. Ihre Einhaltung wird in den Niederlanden von der Inspektion
f¸r Gesundheitsschutz, Waren und Veterin‰rmedizin
¸berwacht.
Reihenuntersuchungen, die eventuell Gefahren f¸r die
Teilnehmer mit sich bringen (Rˆntgenstrahlen), d¸rfen in
den Niederlanden nur mit einer entsprechenden Genehmigung
durchgef¸hrt werden. Sie erfolgen z.B. zur Fr¸herkennung
von Brust- und Geb‰rmutterhalskrebs.
Zur Pr‰vention gehˆren auch Maflnahmen zur Herbeif¸hrung eines gesunden Lebenswandels, denn das kˆrperliche Wohlbefinden eines Menschen wird nicht zuletzt durch seinen Lebensstil beeinflusst. Verschiedene Organisationen und Einrichtungen k¸mmern sich um Aufkl‰rung in Bezug auf sportliche Bet‰tigung, Rauchen, Alkoholkonsum, Safer Sex und Erholung. Die Regierung unterst¸tzt diese Aufkl‰rungsarbeit und versucht, mit gesetzlichen Regelungen auf die Verringerung gesundheitsgef‰hrdender Gewohnheiten hinzuwirken. Sie bezieht dabei auch die Bereiche Umweltverschmutzung, Verkehrssicherheit und Arbeitsverh‰ltnisse mit ein.
Neben Pr‰vention und gesundheitsfˆrdernden
Maflnahmen spielt auch die Gesundheitsf¸rsorge eine
wichtige Rolle. In den Niederlanden werden medizinische Leistungen
von privaten Einrichtungen sowie von Einzelpersonen erbracht, die
ihre Arbeitsweise relativ eigenst‰ndig bestimmen. Der Staat
legt lediglich die Rahmenbedingungen fest; Ausgangspunkte sind
dabei die Qualit‰t der Leistungen und die Zug‰nglichkeit
des Systems f¸r alle.
In einschl‰gigen Gesetzen sind zum Beispiel die Aufgaben der
ƒrzte und der Kranken- und Pflegeeinrichtungen, das
Verh‰ltnis zwischen dem Anbieter der Leistung und dem
Patienten, die Zwangseinweisung Willensunf‰higer usw. genauer
beschrieben. Auch die gesetzlichen Regelungen ¸ber die
Mitbestimmung von Patienten und Kunden tragen zur Qualit‰t der
Gesundheitsf¸rsorge bei. Die Leistungsanbieter sind selbst
f¸r die Festschreibung der Qualit‰tsanforderungen und
ihre Einhaltung verantwortlich. Sie werden von der
Aufsichtsbehˆrde f¸r die Gesundheitsf¸rsorge
¸berwacht.
Beim Aspekt der Zug‰nglichkeit geht es nicht nur um die r‰umliche N‰he der Einrichtungen. Die Leistungen m¸ssen auch f¸r alle B¸rger bezahlbar sein. Das ist gesetzlich so geregelt. Personen mit relativ geringem Einkommen sind nach dem Gesetz ¸ber die gesetzliche Krankenversicherung pflichtversichert. Alle anderen m¸ssen sich privat versichern. Manche Unternehmen schlieflen mit den Versicherungsgesellschaften auch kollektive Krankenversicherungsvertr‰ge f¸r ihre Arbeitnehmer ab. F¸r die Kosten langfristiger Behandlung und Pflege gibt es in den Niederlanden eine f¸r alle Einwohner geltende Pflichtversicherung. Die Beitr‰ge bemessen sich nach dem Einkommen des Versicherten. 45 % der Ausgaben im Gesundheitswesen entfallen auf solche langfristigen Leistungen, weitere 52 % auf Behandlungen in Krankenh‰usern, durch Haus‰rzte und auf Leistungen von nicht‰rztlichen Heilkundigen. Gegen diese Kosten kann man sich bei einem Anbieter seiner Wahl versichern.
Das Gesamtbudget f¸r den niederl‰ndischen Gesundheitssektor betrug im Jahr 2000 etwa 37,3 Mrd. Euro und damit erheblich mehr als in den Jahren zuvor. Ein Teil dieser Mehrausgaben ist erforderlich, um der Zunahme und der Vergreisung der Bevˆlkerung Rechnung zu tragen. Dar¸ber hinaus bringen neue medizinische Entwicklungen zus‰tzliche Ausgaben mit sich. Auch der gestiegene Lebensstandard und die Tatsache, dass die Patienten heute m¸ndiger sind als fr¸her, f¸hren zu hˆheren Anforderungen an die Einrichtungen der Gesundheitsf¸rsorge. Auflerdem hat sich die Regierung zum Ziel gesetzt, die Wartelisten zu verk¸rzen und die Arbeitsbelastung der Anbieter medizinischer Leistungen zu verringern. 1998 haben sich die Regierung und ¸berregionale Organisationen von Leistungsanbietern, Patienten und Versicherern erstmals fr¸hzeitig auf einen Mehrjahresplan f¸r die Verwendung der regul‰ren und der zus‰tzlichen Gelder geeinigt. Organisationen aus den Bereichen Altenf¸rsorge, Behindertenf¸rsorge, kurative somatische F¸rsorge und psychische Gesundheitsf¸rsorge haben dabei aktiv an den Entscheidungen mitgewirkt und sich verpflichtet, die getroffenen Vereinbarungen einzuhalten. Die Regierung ihrerseits legte sich auf einen Mehrjahresplan f¸r die Verteilung der zus‰tzlichen Mittel fest. Die Pluspunkte dieses neuen Ansatzes sind unter anderem ein integrales Vorgehen, die Konzentration auf die Bed¸rfnisse der Patienten und nicht auf die der Anbieter der Leistungen sowie finanzielle Sicherheit f¸r mehrere Jahre. Dadurch wird gen¸gend Spielraum und Zeit f¸r eine Erneuerung des Gesundheitswesens gewonnen.
In den letzten Jahren geht die Entwicklung dahin, Menschen, die dauerhaft der Pflege und Behandlung bed¸rfen, nicht mehr in Heimen unterzubringen, sondern ihnen ein weitgehend selbstst‰ndiges Leben innerhalb der Gesellschaft zu ermˆglichen. Sie erhalten die Pflegeleistungen zu Hause, Stichwort: F¸rsorge nach Mafl. Ein Arbeitsplatz oder eine andere sinnvolle Besch‰ftigung ist f¸r viele eine wichtige Voraussetzung daf¸r, sich als Mitglied der Gesellschaft zu f¸hlen. Daher bem¸hen sich die Anbieter von medizinischen Leistungen - entweder allein oder in Zusammenarbeit etwa mit Einrichtungen der Arbeitsvermittlung, mit Wohlfahrtsorganisationen oder mit der Privatwirtschaft - um ein vielf‰ltiges Angebot f¸r ihre Kunden. Die Regierung unterst¸tzt diese Entwicklung. So gibt es in allen Gemeinden inzwischen sog. Indikationsstellen, die anhand der persˆnlichen Situation eines Antragstellers objektiv und unabh‰ngig beurteilen, welche Leistungen er benˆtigt. Diese Leistungen werden dann von den Versicherungen erstattet. Wer auch in finanzieller Hinsicht selbstst‰ndig bleiben mˆchte, kann ein sog. Personengebundenes Budget beantragen; dabei handelt es sich um eine bestimmte, anhand der Indikation festgelegte Summe, die dann f¸r Leistungen nach eigener Wahl verwendet wird. Bisher sind die Mittel f¸r solche Budgets noch begrenzt. Es kann jedoch bereits festgestellt werden, dass diese Neuerung bei den Leistungsanbietern zu mehr Flexibilit‰t und zu verst‰rkter Orientierung an der Nachfrage gef¸hrt hat.
Wer krank ist, geht zun‰chst einmal zum Hausarzt. Nur wenn dieser keine Diagnose stellen oder den Patienten nicht selbst behandeln kann, ¸berweist er ihn an einen Facharzt oder einen nicht‰rztlichen Heilkundigen (z.B. Physiotherapeut). Auch bei der psychischen Gesundheitsf¸rsorge soll er k¸nftig diese Lotsenfunktion aus¸ben. Dar¸ber hinaus betreut ein Hausarzt seine Patienten, wenn sie vor¸bergehend bei einem Facharzt in Behandlung sind, er stellt Rezepte aus und k¸mmert sich um medizinische Pr‰ventionsmaflnahmen. All diese Aufgaben kann er allein nicht bew‰ltigen, schon gar nicht, wenn er allein praktiziert - und das tut zurzeit noch etwa jeder zweite. Deshalb arbeitet er eng mit den anderen Anbietern medizinischer Leistungen zusammen. Die Regierung und der ¸berregionale Hausarztverband sind denn auch bestrebt, die Verantwortung f¸r diese Zusammenarbeit Hausarzt-Gruppen zu ¸bertragen.
Auch im Krankenhauswesen tut sich viel. Die Zahl der Betten (von 300 bis zu 1000 pro Krankenhaus) und die Dauer der station‰ren Behandlungen wurden drastisch reduziert. Daf¸r werden jetzt mehr Behandlungen ambulant oder poliklinisch durchgef¸hrt. Dank neuer Entwicklungen in der Medizin- und Informationstechnik und organisatorischer Reformen kˆnnen Patienten Leistungen, die sie bisher nur in den Krankenh‰usern bekommen konnten, immer h‰ufiger auch zu Hause erhalten. Manche Krankenh‰user haben auch ausgelagerte Polikliniken eingerichtet, sodass die Patienten nicht wegen jeder Beschwerde lange Wege ins Hauptkrankenhaus zur¸cklegen m¸ssen. Ein weiterer Trend geht dahin, dass sich Krankenh‰user und Fach‰rzte auf eine bestimmte Gruppe von Patienten spezialisieren. So gibt es zum Beispiel Polikliniken, in denen Frauen mit Verdacht auf Brustkrebs innerhalb von 24 Stunden das Ergebnis der Untersuchung bekommen.
Damit Medikamente auch in Zukunft bezahlbar bleiben, strebt die
niederl‰ndische Regierung eine Eind‰mmung der Kosten an.
Das ist auch dringend notwendig, denn jedes Jahr ist ein
Kostenzuwachs um mindestens 10 % zu verzeichnen, der wenig
finanziellen Spielraum f¸r die Lˆsung anderer Probleme im
Gesundheitswesen l‰sst, etwa f¸r den Abbau der langen
Wartelisten. Grunds‰tzlich erhalten Patienten bei den
Apotheken auf Vorlage eines Rezepts ihre Arzneimittel ohne
Zuzahlung. Mit der Einf¸hrung eines Kostenerstattungssystems
hat die Regierung allerdings f¸r Gruppen von Arzneimitteln,
die untereinander austauschbar sind, Obergrenzen f¸r die
Erstattung festgelegt. ‹bersteigt der Preis diese Obergrenze,
muss der Patient die Mehrkosten selbst tragen.
Die Entscheidung, welche neuen Arzneimittel in den Leistungskatalog
der Versicherungen aufgenommen werden, liegt beim
Gesundheitsminister. Das Arzneimittelgesetz erlaubt es der
Regierung auflerdem, Hˆchstpreise festzulegen. Dabei
werden die Preise in den Nachbarl‰ndern als Richtschnur
herangezogen. Regierung, ƒrzte und Apotheker wollen gemeinsam
erreichen, dass Medikamente sinnvoll und sparsam verschrieben
werden. Diese Zusammenarbeit wird in etwa 800 Orten erfolgreich
praktiziert. Auch von der Automatisierung der Rezeptausstellungen
erwartet man sich mehr Effizienz.
Wichtigstes Ziel der Drogenpolitik ist es, die Risiken des Drogenkonsums so gering wie mˆglich zu halten. Die Verantwortung daf¸r teilen sich das Gesundheits-, das Justiz- und das Innenministerium. Ausgehend vom unterschiedlichen Gesundheitsrisiko bei den verschiedenen Drogen wird in den Niederlanden zwischen harten Drogen (z.B. Heroin, Kokain und synthetische Drogen wie Ecstasy) und weichen Drogen (Haschisch und Marihuana) unterschieden. Bei der Fahndung und Strafverfolgung gilt die hˆchste Priorit‰t dem internationalen Drogenhandel; der Besitz kleiner Mengen weicher Drogen f¸r den Eigenverbrauch (bis 30 g) hat geringere Priorit‰t. Daher werden die sog. Coffeeshops, in denen geringe Mengen von Haschisch und Marihuana erh‰ltlich sind (hˆchstens 5 g pro Verkauf pro Person), geduldet. Das bedeutet, dass der Verkauf weicher Drogen zwar strafbar ist, unter bestimmten Voraussetzungen aber nicht strafrechtlich verfolgt wird. Man hat sich f¸r diese Vorgehensweise entschieden, weil man verhindern will, dass Konsumenten weicher Drogen mit harten Drogen in Ber¸hrung kommen. Die Coffeeshops werden regelm‰flig kontrolliert. Sie werden geschlossen, wenn sie sich nicht an die strengen Auflagen halten.
In den Niederlanden sind etwa 25 000 bis 29 000 Personen von
harten Drogen abh‰ngig (Jahresbericht 2000 der Nationalen
Drogenbeobachtungsstelle). Ihr Anteil an der Bevˆlkerung ist
damit niedriger als in den meisten anderen westlichen L‰ndern.
F¸r diese Abh‰ngigen stehen verschiedene Hilfsangebote
zur Verf¸gung, beispielsweise f¸r die Entziehung oder zur
Verbesserung ihrer gesundheitlichen und sozialen Situation. Sie
kˆnnen an Methadon-Programmen teilnehmen und gebrauchte
Spritzen umtauschen. Dadurch sind unter den HIV-Infizierten in den
Niederlanden relativ wenige Personen, die sich intravenˆs
Drogen verabreichen. Die drogenbedingte Sterblichkeit (76 Tote im
Jahr 2000) ist im Vergleich zur Sterblichkeit durch Alkoholkonsum
(3500 Tote) und durch Rauchen (24 000 Tote) recht gering
(Alkoholbericht 2001, Jahresbericht 2000 der Nationalen
Drogenbeobachtungsstelle). Die wichtigste akute Todesursache bei
Drogen ist eine ‹berdosis.
Neue Entwicklungen, etwa die Verbreitung synthetischer Drogen,
geben allerdings Anlass zur Besorgnis. Ihre Herstellung und der
Handel damit werden strafrechtlich streng geahndet. Auflerdem
wird viel f¸r die Aufkl‰rung und die Pr‰vention
getan.
In der Forschung haben die Niederlande international eine Spitzenposition inne. Die dabei erlangten Erkenntnisse werden in der Drogenpolitik genutzt. Justiz- und Hilfseinrichtungen arbeiten bei der Bek‰mpfung des Drogenhandels effizient zusammen. Auch die Kooperation mit internationalen Organisationen funktioniert gut. Leider beg¸nstigen die Faktoren, die die Niederlande zu einer groflen Handelsnation gemacht haben, auch den Handel mit illegalen Produkten. So ist es zum Beispiel fast unmˆglich, im Rotterdamer Hafen, dem grˆflten Containerhafen der Welt, jede eingehende Fracht gr¸ndlich zu ¸berpr¸fen. Dennoch steigt die Menge der beschlagnahmten Drogen st‰ndig.